Die
Passion der Jungfrau von Orléans (La Passion de Jeanne
d'Arc)
[Stummfilm, Carl Theodor Dreyer, Frankreich 1928]
Live-Musik: Einfrierung [2003] von IzP
Dauer: 94'
(UA:
27.04.2003, Jeonju/Süd-Korea)
Auf den Gerichtsakten vom Mai 1431 basiert Dreyers Film
über den Prozess, das Leiden und Sterben der heiligen
Johanna. Eine "Symphonie der Gesichter" wurde der Film in
einer zeitgenössischen Kritik genannt und tatsächlich
bleibt das Werk bis heute eines der reinsten Beispiele für
die Möglichkeit der Großaufnahme, Emotionen filmisch zu
enthüllen und zu vermitteln. Doch der Film zeigt noch
mehr: Er ist eine hochsensible Komposition mit den
feinsten Nuancen von Grauwerten des schwarz -weißen Films,
er beweist, dass ein Stummfilm auch ein Dialogfilm sein
kann, er bricht mit Konventionen des Historienfilms und
ist in seiner Gestaltung zeitlos; inhaltlich entlarvt er
die Doppelgesichtigkeit der Frömmelnden und die
Hintergründe des kirchlichen und weltlichen Machtstrebens.
Also: ein sehr facettenreiches Stück Kinematographie aus
dem (sehr vielfältigen) Kinojahr 1928.
[Text: Scopium / Peter Ellenbruch]
In dem Stummfilm La Passion de Jeanne d'Arc von Carl
Theodor Dreyer geht der Einsatz von Texttafeln weit über
bloßes Handlungsvorantreiben hinaus, die Tafeln vertiefen
den filmischen Inhalt insofern, als dass das gesprochene
(nicht hörbare) Wort mit dem geschriebenen eine
cineastische Symbiose eingeht und somit Inhalte filmisch
dargestellt werden können, welche rein pantomimisch nicht
transportierbar wären; gewissermaßen wie im Tonfilm. Es
scheint, als ob das geschriebene Wort eine synästhetische
Verbindung mit den vorangehenden oder nachfolgenden
Portrait-Close-ups eingeht und im Kopf des Zuschauers zu
klingen beginnt. Interzone perceptible nutzt dieses
Phänomen und verwendet das gesprochene Wort als
Ausgangsmaterial der elektronischen Musik Einfrierung,
befördert das im Film Angelegte in erbarmungsloses
Crescendo … komplette Erstarrung … Eiskristalle, die noch
in der Luft gefrieren … ein weit über die natürliche
Atemlänge hinausgehender Kehlkopfschrei ... der
Live-Musiker wird von der CD-Zuspielung nur selten
geduldet.
[IzP, 08.I.04]